Toni Scheibe
Nach dem Mahmud Ahmadinedschad mit überraschendem Vorsprung zum Sieger der Präsidentschaftswahlen erklärt wurde, überschlagen sich die Ereignisse in Teheran. Einige Zeitungen Berichten vom Hausarrest Mussawis und es kursieren Gerüchte von ersten Todesopfern.
Nachdem Mussawi am Wahlabend eine Siegesansprache ankündigte, kam es zu Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften und Revolutionsbrigaden vor dem Wahlkampfbüro Mussawis. Zeitgleich rief sich Ahmadinedschad zum klaren Sieger der Wahlen aus. Die Wahlkommission gab anschließend bekannt das Ahmadinedschad die Präsidentschaftswahl mit 62,6 Prozent, vor Mussawi mit 33,8 Prozent, Rezai mit 1,3 Prozent und Karroubi mit 0,9 Prozent für sich entschieden hat. Mussawi gab eine eilig eingeberufene Pressekonferenz in der er betonte, dass er nicht klein beigeben werde. Sowohl die meisten internationalen, als auch nationalen Beobachter rechneten nicht mit einer Entscheidung im ersten Wahlgang.
Unterdessen gibt es immer mehr Berichte, wonach Mussawi, sein Wahlkampfleiter Karbaschi und der Reformkandidat Karroubi, sowie viele weitere Reformpolitiker unter Hausarrest stehen sollen. Zudem soll der ehemalige Präsident Rafsandschani als Vorsitzender des Schlichtungsrates seines Amtes enthoben seien.
Zahlreiche Ungereimtheiten
Ein Indiz ein für den wahrscheinlichen Wahlbetrug ist die schnelle Auszählung von über 8 Millionen Wählerstimmen innerhalb von nur 2 Stunden. Des Weiteren wurde berichtet, dass besonders in den Großstädten, in denen viele Anhänger Mussawis leben, die Wähler ihre Stimme nicht abgeben konnten, da schlicht die Wahlzettel fehlten bzw. nicht ausreichten.
Besonders auffallend am Wahlausgang ist der Erfolg Ahmadinedschads in Tabriz, im Nordosten des Landes, bei denen er 57 Prozent der Stimmen bekam. Tabriz, die Hauptstadt Ost-Aserbaidschans, ist zugleich auch das Zentrum der ethnischen Aserbaidschaner im Iran, zu denen auch Mussawi zählt. In der Vergangenheit wählten die iranischen Aserbaidschaner strikt nach Volkszugehörigkeit, so konnte der relativ unbekannte Mohsen Mehralizadeh bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2005 die Provinz klar für sich entscheiden, obwohl er landesweit lediglich auf 4 Prozent kam.
Ähnlich verhält es sich auch bei dem Reformkandidaten Karroubi, der bei den Wahlen nur 0,9 Prozent erreicht haben soll. Karroubi, der bei den letzten Präsidentschaftswahlen noch auf 17 Prozent kam, zählt zu den ethnischen Lur und konnte bei diesen Wahlen nicht einmal seine Heimatprovinz Luristan für sich gewinnen.
Lahmlegung der Kommunikationswege
Die Regierung versucht derweil die Kommunikation- und Informationsmöglichkeiten weiter zu blockieren, so wurde beispielsweise das Handynetz lahmgelegt und die Internetverbindung blockiert. Jedoch wird deutlich das im Zeitalter von Satelliten die Überwachung der Bevölkerung immer schwieriger wird, denn nach wie vor gelangen im Minutentakt Nachrichten aus allen Teilen Irans ins Ausland. Mit staatlichen Repressionen haben auch die zahlreich anwesenden Journalisten zu kämpfen, so ist eine Berichterstattung derzeit nur zensiert möglich. Die regierungskritischen Zeitungen Etemademelli und Green Word wurden hingegen von 200 Polizisten umstellt. In den Redaktionen sollen 30 Journalisten gefangen gehalten werden.
Unübersichtliche Lage
Nach ersten Berichten von heute soll sich die Lage in den Straßen Teherans und der anderen Großstädte ein wenig beruhigt haben. Jedoch seien wieder viele Menschen auf der Straße die ihren Unmut Gehör verschaffen wollen, so dass es jederzeit wieder zu einer Eskalation kommen kann. Darüber hinaus kursieren viele Gerüchte über zahlreiche Todesopfer, man spricht von 50 bis 100 Toten. Außerdem hält sich hartnäckig das Gerücht eines realen Wahlergebnisses, wonach auf Mussawi 45,5 Prozent, auf Karroubi 32,0%, auf Ahmadinedschad 13,6 Prozent und Rezai 8,9 Prozent der Stimmen entfallen. Inwieweit dieses Ergebnis auf Tatsachen beruht ist unklar.
Die Situation im Iran bleibt weiter angespannt und hochexplosiv für Dienstag wurden landesweite Demonstrationen angekündigt.
Fotos: Faramarz Hashemi